Gammelin: Grabsteine von Schomann & Seefahrer Petersen

Zufallsfunde in Gammelin: Die junge Mutter & der fremde Seefahrer

Friedhöfe sind nicht nur Orte der Ruhe, sondern steinerne Archive. Wer mit offenen Augen über einen alten Gottesacker geht, findet oft Geschichten, die längst vergessen schienen. Das Dorf Gammelin, unweit von Wittenburg, birgt auf seinem Friedhof zwei solcher Schätze. Es sind alte Grabsteine, die die Zeit überdauert haben und für Ahnenforscher von unschätzbarem Wert sein könnten.

🥀 Ein kurzes Leben: Catharina Schomann (1832–1869)

Der erste Stein erzählt von einem Frauenleben, das viel zu früh endete. Er gehört Catharina Maria Elisabeth Schomann, einer geborenen Melchert. Ihre Wurzeln lagen im nahen Kogel, wo sie am 17. Oktober 1832 als Tochter des Hauswirts Hans Friederich Melchert das Licht der Welt erblickte.

Ihr Lebensweg war gezeichnet von Verlust und Neuanfang. Als sie am 8. Dezember 1865 in Gammelin den Tagelöhner und Häusler Ludwig Friedrich Wilhelm Schomann heiratete, war sie bereits Witwe. Ihr erster Mann, der Schäfer Johann Friedrich Georg Brumm aus Harst, war bereits 1864 verstorben.

Die Inschrift auf ihrem Grabstein:

Hier ruht

Catharina Maria Elisabeth Schomann geb. Melchert

geb. zu Kogel 17. Oct. 1832

gest. zu Gammelien 6. Juli 1869

Catharina wurde nur 36 Jahre alt. Die Kirchenbücher verraten die Todesursache: Ein „Brustleiden“ (oft ein Wort für Tuberkulose oder Lungenentzündung). Besonders tragisch ist das Schicksal ihres jüngsten Sohnes August Johann Friedrich. Er wurde am 1. April 1869 geboren und starb am 23. Juli 1869 an „Krämpfen“ – nur wenige Wochen nach seiner Mutter. Er folgte ihr fast direkt ins Grab nach.


Der Lotse von der Insel: Lars Petersen (1797–1880)

Der zweite Stein ist ein echtes Rätsel und ein dramatischer Anblick. Er passt auf den ersten Blick gar nicht in die ländliche Idylle Mecklenburgs. Hier ruht Lars Petersen, ein Mann aus dem hohen Norden. Er stammte von der dänischen Insel Bornholm.

Sein Beruf: Lotse. Er war ein erfahrener Seefahrer, der Schiffe durch gefährliche Gewässer und enge Hafeneinfahrten leitete. Sein Vater war der Fischer Peter Nielsen. Doch wie strandete ein Mann des Meeres am Ende seines Lebens im binnenländischen Gammelin?

Die Inschrift ist bewegend:

Hier ruht in Gott

der Seefahrer

Lars Petersen

geb. 10. Aug. 1797 zu Bornholm

gest. 31. Decbr. 1880

Dem Auge fern, dem Herzen ewig nahe.

Ein Geburtseintrag oder eine Heirat ließen sich auf die Schnelle in Gammelin nicht finden. War er im Ruhestand zu Verwandten gezogen? Oder hat er der Liebe wegen das Meer verlassen? Sein verwitterter Grabstein steht dort wie ein Denkmal für eine weite Reise, die in der mecklenburgischen Erde endete. Wie der Fels in der Brandung!