Bei meiner Familienforschung in Ostpreußen, genauer in Goldap, stieß ich auf den Ausdruck „adelsfrei“ in einem Kirchenbuch aus dem Jahr 1778, im Zusammenhang mit einer Hochzeit zwischen Daniel Moritz und Dorothea Zaborowski. Dieser Begriff weckte meine Neugier, da es darüber nur wenige Informationen gibt. Ich möchte den Ausdruck nun genauer einordnen und mit einfachen Worten erklären, was er damals bedeutete.

Im dritten Eintrag von oben in diesem Kirchenbucheintrag ist bei den Vätern von Daniel Moritz und seiner ersten Frau Dorothea Zaborowski der Vermerk „adelsfrei“ zu finden. In diesem Buch taucht der Begriff mehrfach auf, meist in Bezug auf Menschen, die in köllmischen Dörfern lebten. Köllmer waren Freibauern, die nach dem Kulmer Recht in speziellen Landgemeinden ansässig waren. Diese Bauern genossen bestimmte Vergünstigungen, wie eine gewisse Unabhängigkeit von adliger Herrschaft. Allerdings waren sie dennoch verpflichtet, bestimmte Dienste, sogenannte Scharwerksdienste, zu leisten.
Der Begriff „Köllmer“ leitet sich vom Kulmer Recht ab, das auf die Kulmer Handfeste zurückgeht, die 1233 vom Hochmeister des Deutschen Ordens erlassen wurde. Dieses Recht regelte das wirtschaftliche und soziale Leben auf den köllmischen Gütern. Die Bewohner dieser Dörfer waren von den damals weit verbreiteten Scharwerksdiensten teilweise (nicht immer) befreit und mussten keine Abgaben an adlige Familien leisten. Solche Regelungen waren damals üblich, da adlige Familien oft größere Dörfer samt ihren Häusern und Bewohnern besaßen und von den meist bäuerlichen Einwohnern Abgaben oder Dienste verlangten.
„Adelsfrei“ bedeutete also, dass jemand frei von der direkten Abhängigkeit oder Herrschaft des Adels geboren war. In der mittelhochdeutschen Sprache hieß es „adelvri“. Solche Personen wurden in Kirchenbüchern oft mit den Titeln „Herr“ oder „Frau“ notiert, während Personen unterhalb dieser Schicht – also normale Bauern, die Abgaben und schwere Scharwerksdienste leisten mussten – meist nur mit ihrem Namen erwähnt wurden. Meiner Ansicht nach war „adelsfrei“ in dieser Region einfach ein Synonym oder eine andere Bezeichnung für „Köllmer“, wie man auch an der untenstehenden Grafik erkennen kann. Regellen, der Herkunftsort von Daniel und Dorothea, war ein adliges, köllmisches Freidorf.

Zusammengefasst hat „adelsfrei“ nichts damit zu tun, dass die betreffende Familie selbst zum Adel gehörte. Man war sozusagen frei geboren, also adelsfrei. Es bedeutete vielmehr, dass diese Menschen besser gestellt waren als andere und von den drückenden Verpflichtungen gegenüber adligen Herren befreit waren. Ich hoffe, dass ich mit dieser Erklärung den Begriff „adelsfrei“ in einfachen Worten nähergebracht habe, sodass er bei deiner eigenen Forschung leichter einzuordnen ist, falls du ihm begegnest.