Qualens Brudlacht – eine alte sprichwörtliche Redewendung für ein plötzliches Unglück. Wie ist diese Redewendung entstanden? Im 15. Jahrhundert brach ein verherrendes Feuer bei einer Bauernhochzeit in Quaal (Rohlstorf im Kreis Segeberg) aus. Der Dachstuhl brach zusammen und begrub die Mehrzahl an Hochzeitsgästen. Dieses schwere Unglück erzählte man sich über die Landesgrenzen hinaus. Und noch hunderte Jahre später sagte man, wenn jemand ein plötzliches Unglück passierte, „Qualens Brudlacht“.
Die Quaalische Bauernhochzeit
Anno 1440 hat sich nicht weit von Lübeck im Dorf Quaal ein großes Unglück zugetragen. Ein reicher Bauer hielt Brudlacht, und hatte viele Menschen aus der Stadt dazu eingeladen. Als man ein zu großes Feuer im Kamin machte, haben die Flammen das Strohdach erreicht und angezündet. Es ist aber niemanden im Bauernhaus aufgefallen, weil es schon recht spät war und alle schon etwas getrunken hatten und fröhlich feierten mit Gesang und Tanz.
Als die Gäste nun die Hochzeit mit dem langen Bauerntanz, sowie Singen und Springen, fiel das Dach, das mittlerweile lichterloh brannte, herunter. Davon entstand ein massiver Qualm, daß keiner mehr zur Tür herauskommen konnte. Sie liefen von Panik und Todesangst hin und her und behinderten sich dadurch selber den Ausfang zu finden und starben dadurch den Erstickungs- und Feuertod. Es sollen 180 in dieser Nacht gestorben sein. Das Hochzeitspaar und einige Andere sind den Flammen entkommen.
Am folgenden Tag hat man angefangen, dass verbrannte Holz wegzuräumen und fand dabei unzählige tote Menschen die vom Feuer unversehrt geblieben sind, aber erstickt an dem Qualm des Rauches. Von diesem traurigen Unglück ist das Dorf lange Zeit berufen geblieben. Indem, immer wenn ein schweres Unglück passierte, man es die Qualische Brudlacht genannt hat. Das Wort „Brudlacht“ – oder genauer „Brutlacht“ – stammt aus dem norddeutschen Sprachraum und bezieht sich auf einen Begriff, der im 15. Jahrhundert und darüber hinaus im Kontext von Hochzeitsbräuchen verwendet wurde. Um das Wort zu verstehen, müssen wir es sprachlich und historisch einordnen.
Sprachliche Herkunft und Bedeutung
„Brutlacht“ (auch in Varianten wie „brutlichte“, „bruloff“ oder mittelhochdeutsch „brutloft“) setzt sich aus den Bestandteilen „Brut“ (Braut) und „Lacht“ (vermutlich von „Lauf“ oder „Loft“, was „Ablauf“ oder „Zeremonie“ bedeuten kann) zusammen. Es bedeutet wörtlich so viel wie „Brautlauf“ oder „Brautzeremonie“. Ein Brautlauf war die feierliche Heimholung der Braut in das Haus des Bräutigams. Der Begriff war im Mittelhochdeutschen brutlouf und wurde im 14./15. Jahrhundert durch „Hochzeit“ ersetzt. Im 15. Jahrhundert bezeichnete „Brutlacht“ auch einen spezifischen Teil der Hochzeitsfeierlichkeiten, nämlich die Feier nach der eigentlichen Trauung. Diese Feier war oft ausgelassen und konnte mehrere Tage dauern, was in manchen Quellen auch als „tagelanges Besäufnis“ beschrieben wird. Sie folgte auf die kirchliche Zeremonie, die als „Upslag“ bezeichnet wurde, also den Einzug in die Kirche und das Gelöbnis.
Im historischen Kontext war die Hochzeit im 15. Jahrhundert nicht nur eine private Angelegenheit, sondern ein gesellschaftliches Ereignis, das die Zusammenführung von Familien und die Sicherung von Besitz oder Bündnissen symbolisierte. Die „Brutlacht“ war dabei der festliche, oft öffentliche Teil, bei dem die Gemeinschaft – Nachbarn, Freunde und Verwandte – zusammen mit dem Brautpaar feierte. Es war üblich, dass es reichlich Essen, Trinken und Musik gab, und die Feier konnte sich über Tage hinziehen, je nach Wohlstand der Familie.
Kultureller Kontext im 15. Jahrhundert
Im 15. Jahrhundert, also im Spätmittelalter, waren Hochzeiten stark von kirchlichen und feudalen Strukturen geprägt. Die Ehe war nicht nur eine Liebesangelegenheit, sondern oft ein Bündnis zwischen Familien, besonders bei Bauern und Adligen. In ländlichen Gegenden spielte die Gemeinschaft eine große Rolle. Die „Brutlacht“ war ein Moment, in dem die Dorfgemeinschaft die neue Verbindung feierte und gleichzeitig ihre soziale Zusammengehörigkeit stärkte.
Die Feierlichkeiten nach der Trauung hatten auch einen praktischen Aspekt: Sie boten Gelegenheit, überschüssige Ernte oder Vorräte zu verbrauchen, und in einer Zeit, in der Unterhaltung rar war, war eine solche Feier ein Höhepunkt des Jahres. Für einen Bauern war die „Brutlacht“ ein wichtiger Bestandteil seiner Hochzeit gewesen, auch wenn der Begriff selbst im 16. Jahrhundert langsam durch andere Begriffe wie „Hochzeit“ ersetzt wurde. Martin Luther, der im 16. Jahrhundert wirkte, verwendete den Begriff „Heirat“ eher für den Zusammenschluss zweier Haushalte, während „Brutlacht“ den festlichen Aspekt betonte.
Fazit
„Brutlacht“ war im 15. Jahrhundert ein Begriff für die festlichen Feierlichkeiten nach der Hochzeit, ein Brauch, der die Gemeinschaft einband und oft mehrere Tage dauerte. Das Wort selbst zeigt, wie sich Sprache und Bräuche über die Jahrhunderte verändert haben – heute verwenden wir einfach „Hochzeit“ für das gesamte Ereignis.